Das Bloggerteam von GALERIA Kaufhof bekommt Zuwachs. Willkommen in der skurril-chaotischen Welt der Nachbarin: Mitte 30 (ja, okay ENDE 30), Mutter, Ehefrau, berufstätig und immer auf der Suche nach ein bisschen Entschleunigung und irgendwie auch nach sich selbst. Sie ist der Gegenentwurf zur bleistiftdünnen Karrierefrau/Übermutter aus der Fernsehwerbung. Die, die im Businessdress mit bezauberndem Kleinkind auf dem Arm zur Tür hereinkommt und den Einkaufskorb mit ultragesunden Sachen auf dem blitzblanken Tresen der Einbauküche abstellt…
„Blitzblank“ ist es bei der Nachbarin einmal in der Woche: am Putztag, kurz bevor die zweijährige Tochter aus der Kita heimkommt. „Bleistiftdünn“ ist auch schon zwei Jahrzehnte her und „hochmodern“ ist eh nicht so ihr Ding. Dafür diese neue Sache, die sich Do it Yourself (DIY) nennt. Früher hieß es noch „Heimwerken“ und war stämmigen Mittfünfzigern mit Feinrippunterhemd und kapitalem Werkzeuggürtel vorbehalten.
Hauptsache shabby
Im Trend liegt, was shabby ist und vor ein paar Jahren noch out war, weil es eben shabby ist. Wer sich ein neues Möbelstück kauft, muss mindestens ein paar Gebrauchsspuren hineinschmirgeln, damit es den angesagten Used-Charakter erhält. So wie Josef Beuys‘ Fettecke früher Kunst war, bis der Hausmeister einschritt, ist heute bei der Wohnungseinrichtung so gut wie alles erlaubt. Hauptsache es ist so GEWOLLT!
Rost an Küchenutensilien aus Emaille? Extra aufgemalt! Fadenscheinige Kissen? Selbstgenäht aus original französischen Mehlsäcken des 17. Jahrhunderts, die man kürzlich zum Schnäppchenpreis auf diesem belgischen Trödel erstanden hat… Oder eben in einem der vielen Läden, in dem die Produkte so tun als ob. Aber das muss ja keiner wissen.
Apropos Nähen: Was ist da eigentlich los? Gefühlte zwei Jahre, nachdem der letzte Handarbeitsladen in der Innenstadt aufgegeben hat, werden gerade fünf neue mit dreifacher Ladenfläche eröffnet. Gab es beim Discounter am Montagmorgen wahre Schlachten um den neuen Computer, geht es heute um die Marken-Nähmaschine zum Schnäppchenpreis. Das Wort „Kurzwaren“ wäre über kurz (hoho) oder lang aus dem Duden verschwunden, nun erstrecken sich bei Kaufhof raumfüllende Regale in der entsprechenden Abteilung.
Homemade ist angesagt
Der Homemade-Klassiker kommt nach wie vor aus dem Backofen. Nur ist es heute nicht mehr mit einem leckeren Obstboden getan. Es sollten schon kunstvoll verzierte Cupcakes oder Cakepops sein, diese Kuchenkugeln am Stil. Und wenn doch mal eine Torte gefragt ist, dann bitte mit perfekter Fondant-Decke und zart eingefärbten Schmetterlingen. Obwohl, in jüngster Zeit scheint es auch hier wieder den Trend zur Ursprünglichkeit zu geben: saftige Teigböden und satte Cremes, so dick aufgetragen, dass sie verheißungsvoll über den Rand tropfen…
Bevor ich mich mangels oben genannter Alternative gleich auf den Süßigkeiten-Schrank stürze, schnell zurück zum Thema: Also DIY ist angesagt, wie schon lange nicht mehr und ich bin sicher, es geht viel weniger um den Wunsch, Geld zu sparen, als darum, etwas zu erhalten oder die Zeit sogar anzuhalten. So geht es mir nämlich auch immer, beim morgendlichen Blick in den Spiegel oder wenn es in den Läden schon wieder weihnachtlich wird – im August…
Jedenfalls funktioniert es: Eine Stunde Schränkchen lackieren fühlt sich doppelt so lang an, wie eine Stunde chatten und im Internet surfen. Das weiß ich aus eigener Erfahrung und es liegt nicht nur an knackenden Gelenken und Rückenschmerzen von der ungewohnten Arbeit. Irgendwie hat es was Meditatives und wenn‘s dann noch nach was aussieht, kann man am Ende sogar stolz sein.
Weil ich immer noch an den saftigen Kuchen denke und gleich mal eben in die Küche muss, komme ich langsam zum Ende. Als Teilzeithausfrau, die was auf sich hält, will ich natürlich auch viel selber machen. Deko ist mein zweiter Vorname und solange mein Mann mich lässt („Schahatz, was hast du mit meinem Buch ‚Die Ketzer des Wüstenplaneten‘ gemacht???“ „Ich, äh, also ich – muss weg!!“) werde ich in diesem Blog auch über meine DIY-Versuche berichten und natürlich über die Geschichten, die das Leben der Nachbarin so schreibt.
Bis bald!